Neue Landesheimbauverordnung in Niedersachsen: Was ändert sich?

Eine Einbettzimmerquote von 70 Prozent, neue Mindestgrenzen für Zimmergrößen und üppig bemessene Türöffnungen zählen zu den Details der neuen Verordnung. Was dies konkret für Immobilieneigentümer und Betreiber bedeutet, erklärt TERRANUS-Geschäftsführer Markus Bienentreu.

Niedersachsen macht Ernst: Als eines der letzten Bundesländer erließ es seinen „Nachfolger“ zur Heimmindestbauverordnung. So trat zum 1. Oktober 2022 die neue NuWGBauVO in Kraft – die sogenannte „Verordnung über bauliche Anforderungen für unterstützende Einrichtungen nach dem Niedersächsischen Gesetz über unterstützende Wohnformen“. Während sie für Neubauten bereits jetzt verbindlich ist, gilt sie zeitlich verzögert in zwei Stufen auch für bestehende Pflegeimmobilien. Was bedeuten die neuen Vorgaben im Detail für Betreiber und Eigentümer von Bestandsimmobilien? Im ersten Schritt müssen bis Ende 2025:

• die von Bewohnern genutzten Armaturen mit einem Verbrühschutz ausgestattet sein,
• das Öffnen der Fenster bei Bedarf auf eine Kippstellung begrenzt werden und
• Internet für die Bewohner sowohl in Wohnschlafräumen als auch in Gemeinschafts- und Therapieräumen bereitstehen.

Das ist sicherlich, insbesondere für Bewohner mit eingeschränkter Alltagskompetenz, sinnvoll. Denn der Verbrühschutz vermeidet im Pflegealltag Verletzungen, die Begrenzung eines Fensters auf Kippstellung schützt insbesondere Menschen mit Demenz. Und die Internetnutzung stärkt nicht erst seit der Corona-Pandemie die Teilhabe und die Kontakte älterer Menschen, sie zählt inzwischen zunehmend zu den Wünschen der „neuen“ Senioren. Doch selbst wenn die Nachrüstung durch Betreiber oder Investor zügig erfolgt, bleibt die Finanzierung der Maßnahmen vom Gesetzgeber bislang leider völlig ungeregelt.

Ab 2032 gilt: 70 Prozent Einbettzimmer-Quote

Wesentlich schwerer wiegen jedoch die Vorgaben der Verordnung, die bis Ende 2032 umzusetzen sind. So fordern die Niedersachsen:

• eine Einbettzimmerquote von mindestens 70 Prozent,
• eine Mindestgröße von 14 m² für Ein- und 22 m² für Zweibettzimmer. Darin nicht enthalten sind baulich abgetrennte Vorräume – ohne dass klar definiert wäre, was darunter zu verstehen ist.
• Gemeinschaftsflächen von insgesamt mindestens 2 m² je Bewohner,
• einen Sanitärraum für maximal zwei Bewohner,
• so bemessene Türen, dass auch bettlägerige Bewohner transportiert werden können

Das Resultat dieser tiefgreifenden Veränderungen liegt auf der Hand: Die Zahl der dringend benötigten Pflegeplätze wird sich reduzieren – sowohl durch die Einbettzimmerquote als auch durch die vorgeschriebene Mindestgröße der Ein- wie Zweibettzimmer. Und dieser Kapazitätsabbau wirkt sich direkt auf die Betreiber und die Immobilieneigentümer aus. Denn im Gegensatz zu anderen Bundesländern enthält die Verordnung keine Befreiungsmöglichkeiten, sollten sich die Maßnahmen im jeweiligen Bestandsgebäude technisch nicht umsetzen lassen oder vor Ort schlicht wirtschaftlich unzumutbar sein. Es besteht dann lediglich die Möglichkeit, die Übergangsfrist um drei Jahre zu verlängern. „Es bleibt im Interesse aller Beteiligten zu hoffen“, erklärt TERRANUS-Geschäftsführer Markus Bienentreu, „dass gerade in Zeiten des wachsenden Pflegebedarfs die Verordnung in diesem Punkt überarbeitet wird.“

In jedem Fall wirken sich die Vorgaben negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Betreibers aus. Zum einen erfordern sie Investitionen, deren Refinanzierung bislang noch nicht gesichert ist, zum anderen führen sie mitunter zu einer erheblichen Reduzierung der Pflegeplätze. So könnte bei unverändert hoher Pacht die ökonomisch notwendige Bettenzahl in einzelnen Wohnbereichen unterschritten werden – oder die Mietkosten wären mit den verbleibenden Pflegeplätzen nicht mehr zu refinanzieren.

Spätestens bei Auslaufen bzw. Verlängerung des Mietvertrags betrifft diese Finanzierungslücke auch den Immobilieneigentümer, wenn der Betreiber mit ihm über eine geringere Miete für die Pflegeimmobilie verhandeln möchte. Je nach Regelung des Pachtvertrags ist der Investor bereits in der ersten Stufe verpflichtet, sich finanziell zu beteiligen.

Für Investoren besteht in jedem Fall Handlungsbedarf: Sie sollten bereits jetzt prüfen, welche „Überraschungen“ der Gesetzgeber in der neuen Verordnung für seine Bestandsimmobilie bereithält, um dann gemeinsam mit dem Betreiber ein Investitionsbudget zu erarbeiten. Darüber hinaus gilt es zu ergründen, welche Aufwände über die Investitionsfolgekosten (auch für Sozialhilfeempfänger) refinanziert und somit über eine höhere Miete kompensiert werden können. „Denn wenn der Gesetzgeber diese teuren Veränderungen fordert“, erklärt Markus Bienentreu, „so sollte er sich auch an den Investitionen beteiligen.“ In jedem Fall lohnt es sich für den Immobilieneigentümer, die Miete auf der Basis der aktuellen Vorgaben neu zu kalkulieren, um nicht von potenziellen Forderungen des Betreibers überrascht zu werden.

Gerne prüfen wir gemeinsam mit Ihnen die Mietverträge und potenzielle Investitionen mit Blick auf die veränderten Vorgaben. Sprechen Sie uns an!

Aktuelle Details zu den Heimbauvorgaben aller Bundesländer finden Sie auch in unserer Deutschlandkarte!

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Markus Bienentreu

Geschäftsführer

Fon +49 221 / 93 700 700
Fax +49 221 / 93 700 777

markus.bienentreu@terranus.de
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