„Ungedeckter Scheck“

Wenn die Parteien im Wahlkampf 2017 von Gerechtigkeit sprechen, blenden sie das Problem des demografischen Wandels und die Folgen für kommende Generationen meist aus. Ein folgenschwerer Fehler, meint Carsten Brinkmann, denn jetzt wäre noch Zeit umzusteuern.

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„Es hat schon etwas von Scheuklappen-Mentalität, wenn Parteien und Politiker derzeit über soziale Gerechtigkeit in der Pflege und bei der Rente philosophieren”, erklärt Carsten Brinkmann, TERRANUS Aufsichtsratsvorsitzender, „sie blenden die Jahre nach 2030 schlicht aus und bürden den jüngeren Generationen sehenden Auges eine riesige Steuerlast für die Zukunft auf – getarnt hinter vermeintlich gedeckelten Beitragssätzen zur Pflege- und Rentenversicherung.”

Dabei wiesen Demografen und Wirtschaftswissenschaftler schon vor Jahren auf die enormen Herausforderungen einer alternden Gesellschaft hin. In den Wahlprogrammen der Parteien finden sich dennoch kaum langfristige Strategien, erst recht kein tragendes wirtschaftspolitisches Konzept für die Zukunft. Ein wenig Umverteilung hier, etwas Klientel-Politik dort. Und die Fragen drängen mehr denn je.

Wie können die Sozialkassen künftig durch immer weniger junge Menschen ausreichend finanziert werden? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Renteneintrittsalter, Versorgungsstrukturen und nicht zuletzt für das Wirtschaftswachstum in Deutschland? Einer ehrlichen Antwort weichen die Parteien bisher konsequent aus. Dabei schrumpft der Handlungsspielraum – je länger wir warten, desto teurer und gravierender werden die Einschnitte.

Rechenexempel statt Ideologie

Statt eines ideologischen Silo-Denkens ist es jetzt höchste Zeit für nüchterne Mathematik. Beispiel Pflegefonds: Eigentlich sollte er ab 2015 eine zusätzliche Kapitalreserve für die künftige Versorgung der Babyboomer bilden. Da diese Reserven bereits heute für die Mehrkosten als Folge der aktuellen Pflegeversicherungsreform umgewidmet werden, fehlen die Rücklagen in der Zukunft. Spätestens ab 2034 kippt die Umlagefinanzierung unter dem Druck der größten Generation aller Zeiten, die dann sukzessive pflegebedürftig wird.

„Bei einer rückläufigen Erwerbsquote decken selbst Beitragssätze von vier Prozent die künftigen Pflegekosten von mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr nicht mehr ab”, erwartet Carsten Brinkmann, „das ist ein ungedeckter Scheck.” Die Kosten sind das eine, der Mangel an Pflegekräften das andere: Ab 2030 werden angesichts der demografischen Entwicklung hunderttausende Vollzeitkräfte in der Pflege fehlen.

Beispiel Rente: Soll das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken, der Beitragssatz aber nicht über 22 Prozent steigen und das Renteneintrittsalter ebenfalls stabil bleiben, so ist nach aktuellen Berechnungen des Prognos-Instituts bis zum Jahr 2045 mit Mehrkosten von 1,245 Billionen Euro zu rechnen. Die Hauptlast in Höhe von 1,1 Billionen Euro entstünde ab 2030. Und die müssten die heute geborenen oder noch ungeborenen Beitrags- und Steuerzahler begleichen.

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Entscheidend: Die nächste Legislaturperiode

Um den demografischen Wandel noch eben zu meistern, drängt die Zeit. Denn nach der kommenden Legislaturperiode gehen die ersten Babyboomer, geboren zwischen Mitte der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre, nach und nach in Rente. „Jetzt benötigen wir Weitblick und entschlossene Entscheidungen in Politik und Wirtschaft ebenso wie viel private Vorsorge”, erklärt Brinkmann.

Ein Kurswechsel und grundlegende Reformen könnten den demografischen Wandel abmildern, wenn:

  • der Faktor „Kapital“ kann das Wirtschaftswachstum steigern, indem der Staat seine Investitionen in Infrastruktur ausweitet und gleichzeitig stärkere Anreize für private Investoren schafft, etwa in die Versorgungsstruktur für ältere oder pflegebedürftige Menschen. Attraktive Standortbedingungen und ein gutes Gründungsklima tun not.
  • die Erhöhung des Renteneintrittsalter als eine sozialpolitische Notwendigkeit anerkannt wird, um Wissen und Erfahrung zu nutzen, einen angemessenen Lebensstandard im Alter zu erhalten und gleichzeitig stabile Beitragssätze zu ermöglichen.
  • Bürokratie und nicht mehr zeitgemäßes Denken abgebaut werden, die Kreativität von Unternehmern und Gründern genutzt wird – etwa indem der Staat moderne Wohnformen mit bedarfsgerechten Service- und Betreuungsleistungen fördert und künstliche Trennung von ambulanter und stationärer Pflege verschwinden.
  • den Familien und insbesondere Müttern ausreichend und qualitativ hochwertige Betreuungsplätze für Kinder zur Verfügung stehen, damit die Erwerbsquote in Deutschland insgesamt steigt.
  • gleichzeitig die Digitalisierung zu einer höheren Effizienz und Flexibilität des Arbeitsplatzes genutzt wird, sodass Arbeits- und Familienleben leichter miteinander kombinierbar sind.
  • eine ernst gemeinte Bildungsoffensive in Schulen, ein erhebliches Engagement in Forschung und Entwicklung startet, um junge Menschen exzellent auszubilden und langfristig Fachkräften sowie Entwicklern und Wissenschaftlern eine Perspektive zu bieten.
  • nicht zuletzt unsere gesamte Gesellschaft ihre Verantwortung erkennt, in die eigene Vorsorge investiert und nicht die nachfolgenden Generationen überfordert.

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Carsten Brinkmann

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