Seniorenwohnen ist heute ein Angebot, was selbstverständlich neben dem klassischen Pflegeheim existiert, denn vielen Senioren kommt es entgegen, wenn der eigene individuelle Lebensstil mit der Absicherung, bei Bedarf auf Gesundheits- oder Pflegeunterstützung zurückgreifen zu können, kombiniert werden kann. Der überwiegende Teil der Kommunen in Deutschland verzeichnet einen wachsenden Bedarf an Betreutem Wohnen in den nächsten 15 Jahren, nur sehr vereinzelt gibt es eine Überversorgung.

Wie verhält sich die Zielgruppe?
Die Nachfrage nach Betreutem Wohnen wächst, gleichzeitig lässt sich seit Jahren ein Anstieg des Alters bei Einzug in eine derartige Einrichtung beobachten, das heißt, die Entscheidung für einen Umzug wird offenbar hinausgezögert. Die Datenanalyse der KDA / BfS-Studie „Betreutes Seniorenwohnen 2022“ zeigt, dass Betreutes Wohnen eher selten von Menschen unter 65 Jahren genutzt wird. Heute ist über die Hälfte der Bewohnerschaft im Betreuten Wohnen 80 Jahre und älter, mehr als ein Zehntel der Bewohner ist sogar über 90 Jahre alt.
„Seine gewohnte Umgebung zu verlassen und sich auf ein neues Wohnumfeld einzulassen ist sicher ein Hemmnis, allerdings spielt auch die Miethöhe für die neue Wohnung und der Anteil am Gesamteinkommen, der für Miete und Service aufgewendet werden muss, eine wichtige Rolle bei der Umzugsentscheidung“, erklärt TERRANUS-Geschäftsführerin Anja Sakwe Nakonji. Senioren, die neben ihrem Renteneinkommen auf andere Einnahmen, z. B. aus Vermietungen zurückgreifen, Aktien oder ein nicht mehr benötigtes Eigenheim veräußern können, gehen diesen Schritt sehr viel häufiger als Senioren ohne Vermögenswerte.
Wie sollten sich Anbieter von Betreutem Wohnen positionieren?
Wie für alle Immobilien gilt auch für Betreutes Wohnen: Die Lage spielt eine erhebliche Rolle für die Attraktivität des Angebots. Senioren sind zudem weniger mobil und benötigen deshalb eine Mindestinfrastruktur, um selbstbestimmt leben zu können. Dazu zählt die Erreichbarkeit von Geschäften des täglichen Bedarfs sowie öffentlichem Nahverkehr in unmittelbarer Umgebung. Anja Sakwe Nakonji: „Die Analyse der Markt- und Wettbewerbssituation ist besonders für Neubauten ein Muss, um gegebenenfalls Wohn- und Servicekonzepte anzupassen oder die Preisgestaltung zu überprüfen.“ Das betrifft nicht nur Großstädte, sondern auch B-, C- und D-Städte oder den ländlichen Raum, denn auch hier kann Betreutes Wohnen ein erfolgreiches Projekt sein, wenn Mietpreis und Konzept stimmen.
Welche Mieten können beim Betreuten Wohnen erzielt werden?
Gibt es ähnlich wie für Wohnungsmieten Vergleiche? Einen Mietspiegel speziell für Betreutes Wohnen existiert nicht, dennoch bietet das bundesweit steigende Angebot an Betreutem Wohnen eine ausreichende Daten-Basis, um die Mietpreisbildung zu analysieren. Grundsätzlich dienen die Angebotsmieten am Wohnungsmarkt als Basis für die Herleitung von Mieten im Betreuten Wohnen. Durch die barrierefreie Wohnraumgestaltung, Gemeinschaftsflächen wie z. B. Rezeption oder Veranstaltungsraum oder auch zusätzliche Ausstattungsmerkmale wie Einbauküchen kommt es zu Aufschlägen von 10% bis 50% auf die Kaltmieten des Wohnungsmarktes. Die Gründe für diese extreme Spannbreite erklären sich durch Unterschiede in Konzept und Ausstattung sowie dem jeweils regionalen Wohnungsmarkt.
Die KDA / BfS-Studie Betreutes Senioren-Wohnen 2022 weist anhand ihrer Datensammlung nach, dass das Wohnen in betreuten Wohnanlagen in städtischen Regionen im Schnitt deutlich teurer ist als in ländlichen Regionen. In der Stadt sind auch die Preisspannen deutlich größer als auf dem Land. Sehr hochpreisige Angebote von über 20,00 Euro pro qm findet man in ländlichen Regionen kaum.
Da die Nachfrage nach Betreutem Wohnen an vielen Standorten hoch ist, scheinen die Mietpreise sich im Spannungsfeld von geringem Angebot und hoher Nachfrage zu bilden. Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind oft nicht gegeben. Anja Sakwe Nakonji: „Das liegt auch daran, dass das Betreute Wohnen als Produkt ein Serviceversprechen inkludiert und dadurch vom Renommee des Betreibers beeinflusst wird.“
TERRANUS-Fallstudie Betreutes Wohnen Dortmund
Einen Einblick in die heterogene Preisstruktur beim Betreuten Wohnen bietet die aktuelle TERRANUS-Fallstudie am Beispiel der Stadt Dortmund. Für die Analyse wurden 22 Angebote für Betreutes Wohnen berücksichtigt. Die Wohnungsflächen reichen im Durchschnitt von 42 qm bis 84 qm. 68% der berücksichtigten Anlagen werden von freigemeinnützigen Betreibern betrieben. Allerdings ist bei nur vier Anlagen der gemeinnützige Betreiber auch der Immobilieneigentümer. 50% aller Anlagen werden von privaten Immobilieneigentümern an gemeinnützige Betreiber vermietet.
Für die Analyse der Mieten im Betreuten Wohnen wurden die Kaltmieten des Dortmunder Mietspiegels entsprechend des Baujahres zu Grunde gelegt. Einige Anbieter geben nur Warmmieten an, die durch Bereinigung der Nebenkosten auf die Kaltmieten pro Quadratmeter normiert wurden. Die drei Anbieter von Premiumangeboten veröffentlichen keine oder nur Pensionspreise, das heißt den Gesamtpreis aus Kaltmiete, Nebenkosten und Servicekosten. Sie konnten daher für die Auswertung nicht berücksichtigt werden.
Das Ergebnis: Kaltmieten 36 % über dem Mietspiegel
Die Kaltmieten pro Quadratmeter liegen im Durchschnitt 36% über den Kaltmieten des Mietspiegels. Interessant ist, dass die Mieten für die Anlagen der Baujahre 1995 bis 2009 mit 46% diesen Durchschnittswert deutlich überschreiten, während neue Wohnanlagen aus den Baujahren 2015 bis 2019 den Durchschnitt mit 27% deutlich unterschreiten. Diese Abweichungen sind sicher auch auf die Entwicklung der Mieten am Wohnungsmarkt zurückzuführen. Bis Mitte der 2000er Jahre waren Wohnungsmarkt und Mieten in Dortmund stabil. Anlagen für Betreutes Wohnen sind in jenen Jahren Einzelangebote, deren Mietpreise kaum vom Wohnungsmarkt geprägt waren. In den Folgejahren hat ein steigender Mietspiegel den Spielraum für Aufschläge offenbar verkleinert.
Dennoch ergibt sich für die Baujahre 2015 bis 2019 ein diffuses Bild der Mieten in den verschiedenen Anlagen, das sich nicht erklären lässt. Beim Betreuten Wohnen werden Preise also offensichtlich auch individuell – unabhängig von Vergleichsmieten – festgesetzt.

Grafik: Wüest Partner, Quelle: eigene Berechnungen TERRANUS (Basis: Angebote Betreutes Wohnen Stadt Dortmund August 2025)
Fazit
Betreutes Wohnen ist ein wachsender Markt und deshalb ein interessantes Geschäftsfeld für Investoren wie auch Betreiber, das vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Entscheidend für die Bestimmung der Miete ist eine genaue Prüfung von Standort, Wettbewerb und baulichem Konzept in Kombination mit dem Serviceangebot des Betreibers. Anja Sakwe Nakonji: „Voraussetzung für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg ist, dass Bewohner, Betreiber und Investoren gleichermaßen profitieren. Dafür müssen die Wohneinheiten bezahlbar bleiben.“
Die TERRANUS-Fallstudie zum Betreuten Wohnen in Dortmund ist im Pflegeheim-Atlas Deutschland 2025 des Beratungsunternehmens Wüest Partner erschienen. Der Pflegeheim-Atlas steht hier zum download bereit.